FAMH bedauert die undifferenzierte Attacke von Santésuisse


Die FAMH bedauert die undifferenzierte Attacke von Santésuisse gegen die Bundesbehörden, die Labore und die Ärzteschaft


In ihrer Medienmitteilung vom 17.02.2021 greift Santésuisse das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Labore und die Ärzteschaft wegen zu hoher Tarife an. Die Attacke kommt überraschend, denn eine Revision der Labortarife unter Beteiligung von Santésuisse ist unter Federführung des BAG bereits am Laufen. Andererseits beschuldigt Santésuisse die Ärzteschaft öffentlich, sich unlauter zu bereichern. Dies obwohl zu diesem rechtlich umstrittenen Themenbereich bereits seit Monaten klärende Gespräche zwischen Santésuisse (bzw. der Tochtergesellschaft Tarifsuisse) und der FAMH laufen. Diese unerwartete und öffentliche Attacke erstaunt umso mehr, als dass gerade in dieser schwierigen Zeit der Pandemie alle medizinischen Leistungserbringer aufs Äusserste für die Versorgung der Bevölkerung gefordert sind.



Für Laboranalysen gibt es keinen Preis, sondern einen behördlich festgesetzten Tarif


Die Tarife für medizinische Laboranalysen sind in der Schweiz in der Analyseliste (AL) als Verordnung durch das EDI behördlich festgesetzt. Nebst den weiteren gesetzlichen Vorgaben haben diese Tarife den Kriterien Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (WZW-Kriterien) zu entsprechen. Grundsätzlich gelten die Tarife auf der Analysenliste für sämtliche Analysen, die von Labors und Ärzten durchgeführt und zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abgerechnet werden.

Santésuisse, zusammengesetzt aus den Krankenversicherern Assura, Groupe Mutuel, Concordia, Visana und weiterer Versicherer, wirft in ihrer Medienmitteilung dem EDI vor, dass Laborpreise in der Schweiz einem Auslandpreisvergleich nicht standhalten sollen. Leider hat Santésuisse die entsprechenden Grundlagen zu dieser Behauptung nicht offengelegt und auch nicht das Gespräch mit der FAMH dazu gesucht. Die FAMH, der Verband der medizinischen Laboratorien in der Schweiz, bedauert dies.

Santésuisse weiss, dass das BAG bereits am 16. Dezember 2020 den Prozess zur Revision der Analysenliste eingeleitet hat. In diesem Revisionsprozess, in welchen nebst anderen Institutionen auch Santésuisse und auch Curafutura (der weitere Verband der Krankenversicherer) offiziell mitbeteiligt ist, soll die Tarifstruktur, die einzelnen Tarifpositionen und die Tarife für Analysen überprüft und soweit notwendig angepasst werden. Im Rahmen dieser Revision soll auch ein Auslandpreisvergleich durchgeführt werden und in die Neutarifierung einfliessen.

Im Lichte des bereits laufenden Revisionsprozesses, an welchem Santésuisse offiziell beteiligt ist, ist es unverständlich, dass Santésuisse auf eine undifferenzierte Art und Weise die Festlegung der Labortarife durch die Bundesbehörden attackiert.
Die FAMH begrüsst das laufende Revisionsvorhaben des Bundes und hofft, dass dieses nun gleichwohl plangemäss fortgeführt werden kann.


Weitergabepflicht für Ärzte ist unklar


Im Krankenversicherungsgesetz (KVG) ist festgehalten, dass z.B. geldwerte Vorteile, die ein Leistungserbringer von einem anderen Leistungserbringer erhält, weiterzugeben sind, wenn sie ungerechtfertigt sind. Die Gewährung solcher Vorteile ist also grundsätzlich nicht verpönt, sondern lediglich ihre Nicht-Weitergabe. Falls derartig gewährte Vorteile nicht gerechtfertigt sind, liegt eine Verletzung der Weitergabepflicht vor. Vergleichbare Normierungen finden sich auch in anderen Gesetzen.

Santésuisse beschuldigt in ihrer Medienmitteilung die Ärzteschaft just der erwähnten Verletzung der Weitergabepflicht. Es ist jedoch nicht in allen Teilen klar, wann genau eine Weitergabepflicht besteht und wann nicht. Deshalb hat FAMH bereits anfangs des Jahres 2020 einen internen Prozess gestartet, um diese rechtlichen Unklarheiten aufzuarbeiten und schlussendlich in einem sogenannten Code of Conduct niederzuschreiben. Es ist geplant, diesen Labor-Kodex im Verlauf der kommenden Monate in Kraft zu setzen.

Parallel dazu laufen bereits seit Frühjahr 2020 zudem zwischen Santésuisse bzw. Tarifsuisse und der FAMH Gespräche zur Klärung, wann nun genau eine Weitergabepflicht besteht und wie damit umzugehen ist. Die Gespräche sind noch im Gange und sollten zeitnah abgeschlossen werden können.

Vor diesem Hintergrund ist es für FAMH nicht verständlich, dass Santésuisse nunmehr eine öffentliche Attacke gegen die Ärzteschaft macht und diese beschuldigt. FAMH gibt der Hoffnung Ausdruck, dass diese wichtigen Gespräche gleichwohl zielführend zu Ende gebracht werden können.


Gute Labormedizin spart Gesundheitskosten


Das Kostenwachstum bei den Speziallabors entspricht in den letzten Jahren dem Durchschnitt der allgemeinen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und widerspiegelt die Altersstruktur und den medizinischen Fortschritt. Die Verordnung von Labor-Analysen erfolgt durch medizinische Leistungserbringer, also durch Ärzte oder Spitäler. Labors sind nicht berechtigt, eigenständig Analysen zu verordnen. Dementsprechend haben sie keinen Einfluss auf die Mengenentwicklung bei den Laboranalysen. Obwohl die Laboranalysen nur einen geringen Teil, nämlich rund 2%, der gesamten Gesundheitskosten in der Schweiz von rund 80 Milliarden ausmachen, haben sie durch Früherkennung und richtige Diagnose einen hohen Einfluss auf Qualität und Kosten der nachfolgenden Leistungen. Zwei Drittel der diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen werden mittelbar oder unmittelbar durch ein Laborresultat beeinflusst.


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